Kannst Du Dich kurz vorstellen?
Ich heiße Johannes Weber, bin 33 Jahre alt und arbeite als Übersetzer in Kapstadt. Ich bin in einer Kleinstadt bei Bielefeld aufgewachsen und habe vor meiner Auswanderung nach Kapstadt 2010 lange in Hamburg gelebt. Mein Zuhause ist heute die Mother City. Ich bin mit einer Südafrikanerin verheiratet und habe mit ihr einen 2-jährigen Sohn.
Kanntest Du Südafrika vorher schon von Urlaubsreisen?
Auf die Idee, nach Kapstadt zu ziehen, brachte mich 2010 eine Bekannte, die dort zu der Zeit lebte. Ich kannte das Land nicht, habe mich aber bei der Firma Amazon beworben und bin eine Woche nach Kapstadt geflogen. Sowohl Stadt als auch Job haben mich bewogen, das Abenteuer zu wagen.
Wie hat es mit dem Einleben in Kapstadt geklappt?
Ich kannte im Prinzip niemanden. Die ersten Monate waren daher nicht immer einfach. Doch ob man nun nach Kapstadt oder Hamburg zieht, einleben muss man sich überall. Ich hatte aber das Glück, in einer Firma mit sehr vielen Mitarbeitern zu arbeiten, auch viele Deutsche. So ergab sich die eine oder andere Freundschaft, was das Einleben erleichterte. Nach einem Jahr traf ich dort auch meine heutige Frau. Sie saß eines Tages am Schreibtisch neben mir.
Hat Dein Arbeitgeber Dir das Visum beschafft? War es mit viel Papierkram verbunden?
Da das Visum die Firma in Kooperation mit einer Vermittlungsagentur geregelt hat, war es für mich mit wenig Arbeit und Papierkram verbunden. Ich musste am Anfang allerdings wegen des Visums, wie andere Kollegen auch, nach drei und sechs Monaten (auf Firmenkosten) nach Deutschland fliegen.
Hasst Du wochentags überhaupt Zeit, um an einen der Strände zu gehen?
Jein. Ich habe zwar das Glück, nur eine Straße vom Milnerton Beach entfernt zu leben, doch bin ich nicht so oft am Strand, wie ich möchte. Das liegt schlicht daran, dass man auch in Kapstadt seinen Familienalltag hat. Man kommt gestresst oder müde aus dem Büro, isst zu Abend und bringt das Kind ins Bett. Doch am Wochenende bin ich meist am Strand, wenn das Wetter mitspielt. Mein Sohn liebt das Meer und die Wellen abgöttisch.
Welche sind die größten kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Südafrikanern? War es anfänglich schwierig, damit umzugehen?
Viele Südafrikaner sind herzlicher und wärmer, als man es von den meisten Deutschen gewohnt ist. Außerdem lebt man hier im Süden etwas entspannter in den Tag hinein, während viele Deutsche das Leben zu ernst nehmen. In Südafrika grüßen dich wildfremde Menschen auf der Straße. Für viele Deutsche ist das allein schon ein Kulturschock.
Gibt es größere Unterschiede in der Arbeitskultur zwischen Deinem deutschen Arbeitgeber und jetzt? Wenn ja, welche?
Generell ist das Arbeitsleben in Kapstadt entspannter, was aber nicht heißen soll, dass man hier unprofessionell ist. Aber neben aller Professionalität kommt auch oft ein familiäres Gefühl und Herzlichkeit auf, was den Arbeitsalltag sehr erleichtert.
Was vermisst Du am meisten aus Deutschland?
Ich muss an dieser Stelle Knoppers erwähnen. Denn das bekomme ich hier in Südafrika nicht und lasse es mir oft von Freunden mitbringen. Ganz dicht dahinter kommt schon meine Familie. Manchmal wäre es ganz schön, die deutsche Oma meines Kindes näher bei uns zu haben. Ab und zu vermisse ich auch die deutsche Pünktlichkeit, denn in Afrika gehen die Uhren etwas anders.
Was vermisst Du überhaupt nicht?
Zum einen vermisse ich sicherlich nicht das deutsche Wetter. Ich blicke täglich auf Sonne und Strand anstatt auf Wolken und Regen. Mit etwas Abstand zu Deutschland fehlt mir auch die oft negativen Einstellungen der Deutschen nicht. Viele Deutsche haben immer was zu meckern, obwohl es ihnen besser geht, als den meisten anderen auf der Welt. Deutsche müssen oft lernen, zufrieden und entspannt zu sein.
In Kapstadt sollen ja mehrere Zehntausend Deutsche leben. Kennst Du hier viele Deutsche, mit denen Du auch was unternimmst?
Mein erster Job war in der deutschen Abteilung bei Amazon in Kapstadt. Hier haben sich einige Freundschaften und Kontakte ergeben. Man lernt in Kapstadt generell schnell andere Deutsche kennen. Beim deutschen Metzger oder Bäcker trifft man immer ein paar Germans. Viele sind um einige Ecken miteinander bekannt. Und jeder von uns hat seine eigene Geschichte, wie er nach Kapstadt kam, ob nun aus Hamburg, Frankfurt oder Stuttgart.
Gibt es so was wie einen deutschen Stammtisch?
Einen Stammtisch gibt es in der Art nur im Deutschen Klub in Gardens, wobei sich dort meist nur die ältere Generation auf ein paar Bierchen trifft. Bei großen Fußballspielen oder der WM und EM laufen hier allerdings Hunderte Deutsche rum. Wer also viele Deutsche auf einen Fleck treffen will, schaut am besten auf den Fußball-Kalender und stattet dem Klub einen Besuch ab.
Hattest Du Tage, wo Du Deine Auswanderung bereut hast?
Ich habe es nie wirklich bereut, den Schritt gewagt zu haben. Ab und zu denken wir daran, für einen Zeitraum nach Deutschland zu gehen, aber nicht in naher Zukunft.
Gibt es Kosten, die für Dich überraschend hoch waren?
Generell sind die meisten Kosten hier ja deutlich geringer als in Deutschland, erst recht mit dem aktuellen Verfall der südafrikanischen Währung. Als ich Ostern 2015 in Deutschland war, war ich aber überrascht, dass Babyutensilien, wie Windeln und Nahrung in Deutschland günstiger war als in Südafrika.
Wie hat die Familie Deiner Frau es aufgenommen, dass sie einen Ausländer heiraten will?
Bevor sie mich kennengelernt haben, waren sie schon etwas skeptisch, als meine Frau mit einem weißen Deutschen um die Ecke kam, vor allem ihre Oma. Doch das hat sich ganz schnell verflüchtigt. Heute sind wir eine Familie und sind füreinander da. Und Chelseas Oma bäckt mir auch ab und zu mal einen leckeren Schokoladenkuchen, da ich den so gerne mag.
Deine Frau spricht Afrikaans, Du Deutsch und Ihr zusammen Englisch. Wie klappt es mit der Kommunikation und wächst Euer Kind jetzt dreisprachig auf?
Ich würde sagen, dass er 2 1/2 sprachig erzogen wird. Ich spreche ausschließlich Deutsch, worauf ich extrem viel Wert lege. Er versteht es auch gut und wir lesen jeden Abend deutsche Gute-Nacht-Geschichten. Meine Frau und der Kindergarten sprechen Englisch, das ist so der größte Einfluss. Und wenn er bei Oma oder Tante ist, kommt auch ein bißchen Afrikaans dazu. Ein paar Worte habe ich auch schon drauf.
Siehst Du Euch in 10 Jahren noch in Kapstadt?
Wir haben fest vor, bald ein Haus zu kaufen. So wird Südafrika immer unser Zuhause sein. Aber es spricht nichts gegen 1, 2 Jahre in Europa, schon allein, um ihnen zu zeigen, wo ich herkomme.
In diversen Foren wird immer wieder Fragen über das Auswandern nach Südafrika gestellt. Was sagst Du Leuten, wenn sie Dich fragen, ob sie es wagen sollten?
Generell sind die Chancen für junge Deutschsprachige in Kapstadt richtig gut. Dank vieler großer Firmen werden stets deutschsprachige Mitarbeiter gesucht. So kann man in Kapstadt mit einem Gehalt auf dem Konto leben. Man sollte aber am besten schon einmal im Urlaub dort gewesen sein.
Nun mal ganz ernst: Welcher Typ Mensch sollte das Abenteuer Südafrika auf keinen Fall wagen?
Menschen, die nicht weltoffen sind, sollten lieber Zuhause bleiben. Kapstadt ist eine so tolle facettenreiche und bunte Region. Wer keine anderen Kulturen, Religionen und Weltbilder akzeptieren kann, sollte es lieber nicht machen. Auch wer Perfektionismus erwartet, hat hier schlechte Karten. Es lebt sich in Afrika etwas gelassener, was manchem Europäer ein Dorn im Auge sein könnte.
Welchen Stadtteil in Kapstadt würdest Du zum Wohnen und Leben empfehlen?
Wer das Stadtleben braucht und nah zu den Ausgeh-Locations leben möchte, für den sind die Stadtteile Sea Point, Gardens und Greenpoint im Zentrum Kapstadts sicher optimal – sicher und zentral. Wer etwas außerhalb in einer Familiengegend leben möchte, der findet ganz sicher Gefallen an Milnerton – nah am Meer und sicher.
Welches Gehalt (in Rand) sollte man verdienen, um ein normales Mittelklasseleben führen zu können?
Als Single kann man momentan mit 15.000 Rand brutto gut durchkommen. Da bleibt viel übrig für Ausflüge, Braais und Long Street. Mit Partner und Kind sollte man mindestens 20.000 Rand verdienen, schon allein wegen der vergleichsweise teuren Krankenversicherung.
Welches südafrikanische Essen sollten Touristen unbedingt mal probieren?
Ein Gatsby ist sicherlich ein Muss. Das ist ein großes baguetteartiges Sandwich, das man mit allerlei Fleisch, Würstchen, Hühnchen, Ei und Salat belegen kann. Mein Lieblingsgatsby gibt’s in Mariam’s Kitchen nahe des Bahnhofs in Kapstadt.
Insidertipps werden ja immer hoch gehandelt. Welchen Geheimtipp zu Kapstadt kannst Du uns geben?
Mir fällt bei dem Stichwort als Erstes der Deer Park unterm Tafelberg ein. Es ist ein fantastisches, ruhiges Waldgebiet, das zum Wandern und Picknicken einlädt. Er liegt im Stadtteil Vredehoek unter der Tafelberg Road. Hierhin verirren sich sehr wenig Touristen, so dass hier ein entspannter Ausflug garantiert ist
Hast Du einen Tipp, wie man als deutscher Tourist/Sprachschüler/Praktikant etc. am besten mit Einheimischen in Kontakt kommt?
An einen Strand oder in einer Bar, in der sich wenige Touristen verirren. Am Glen Beach zwischen Camps Bay und Clifton Beach sind meist nur Locals. Als Bar eignet sich die Tavern auf der Buitenkant Street in Gardens.
Wie schätzt Du die aktuelle politische Situation in Südafrika ein?
Direkt gesagt, zerstört der derzeitige Präsident Zuma momentan alles, was Nelson Mandela vor 20 Jahren aufgebaut hat. Die Reputation Südafrikas geht nach vielen Fehltritten des Präsidenten den Bach runter, ebenso die Währung. Doch viele Südafrikaner, vor allem die ältere schwarze Bevölkerung, wählen ihn trotzdem. Und das wird wohl noch einige Jahre so weitergehen. Aber dennoch: #zumamustfall.
Ist das Thema Kriminalität für Dich ein ernstes Thema?
Wer in Kapstadt lebt und sich nicht mit dem Thema auseinandersetzt, handelt fahrlässig. Die Kriminalität gehört bei aller Schönheit Kapstadts leider zur Stadt dazu. Daher ist es mir auch extrem wichtig, in einer Gegend von Kapstadt zu leben, in der es sicher ist und mein Kind ruhigen Gewissens draußen spielen kann. Wir wohnen hier in einem gesicherten Komplex. Die Familie meiner Frau wohnt in einer Gegend, in der das Thema Bandenkriminalität immer aktuell ist. Ich wurde zudem einmal mitten in Kapstadt überfallen und mit einem Messer am Hals ausgeraubt. Man muss in Kapstadt schon bestimmte Regeln einhalten, um der Gefahr vorzubeugen.
Seit kurzen betätigst Du Sich auch als Blogger mit dem Thema Kapstadt. Worüber schreibst Du am liebsten?
Ich schreibe generell gerne über meine Lieblingsplätze in Kapstadt – Strände, Parks. Plätze, die auch für Touristen interessant sind. Mein Blog.
Du hast jetzt ein E-Book herausgegeben. Was waren Deine Beweggründe für das Schreiben des Buches?
Nachdem ich einige Blogs online hatte und gesehen habe, dass sie gut ankommen, habe ich mich dazu entschieden, die Artikel als ebook zu veröffentlichen. Zudem habe ich die Art von Kapstadt-Tipps kombiniert mit persönlichen Erfahrungen, wie in meinen Blogs, so noch nicht als ebook online gesehen.
Wovon handelt Dein Buch?
In dem ebook habe ich einige meiner Erfahrungen und Ausflüge in Kapstadt aufgeschrieben und möchte damit Menschen, die sich fürs Reisen oder Auswandern interessieren, zeigen, was Kapstadt und seine Umgebung zu bieten haben. In meinem ebook findet man viele Tipps und Reiseziele in und um Kapstadt – mit zahlreichen Bildern dieser faszinierenden Gegend
Der Affiliatelink zum E-Buch von Jo:
Kapstadt-Tipps vom Auswanderer: joweberamkap
Kontaktdaten von Jo Weber (Reiseleiter in Kapstadt)
Telefon: +27 79 181 3211
E-Mail: [email protected]
Blog: https://joweberamkap.wordpress.com/
oder via Facebook
Dieses Interview war von 2016