Der erste Eindruck nach Verlassen des Kapstädter Flughafens ist erschütternd – Townships. Links und rechts der Autobahn sieht man auf 10 Kilometern Wellblechhütte (sogenannte shacks) an Wellblechhütte. Slums der übelsten Art, von der Autobahn nur durch einen Holzzaun getrennt, der aber überall Lücken hat.
Dazwischen spielende Kinder, die am Randstreifen der Autobahn, zwischen Haufen von Müll, Fußball spielen. Dies sind also die Townships, von denen in den Reisebüchern geschrieben wird. Die durch die südafrikanische Apartheidregierung errichtet wurden. Die Antwort ist ja und nein. Was man hier sieht, sind im Regelfall „informal settlements“, illegale Siedlungen. In den letzten 2 Jahrzehnten war der Zuzug von Südafrikaner aus den ärmeren Landesteilen in die Großstädte so riesig, dass sich an die schon existierenden Townships noch weitere riesige Wellblechstädte anschlossen.
Bau von Townships während der Apartheid
Im Rahmen der Apartheidpolitik wurden in den 1950 – 1970er Jahren den Bevölkerungsgruppen in Südafrika verschiedene Siedlungsgebiete ( Homelands ) zugewiesen. Dies waren halbautonome Staaten, welche aber nur von Südafrika anerkannt wurden. Um die Sicherstellung mit billigen Arbeitskräften aber zu gewährleisten, konnten nicht alle Nichtweißen in diese Homelands abgeschoben werden. Somit wurden von den Verwaltungen der einzelnen Städte und Regionen Townships geplant, in denen im Regelfall jeweils eine Bevölkerungsgruppe zwangsumgesiedelt wurde. Praktisch jede Stadt in Südafrika hat mindestens ein Township. Vielerorts grenzen diese Stadtteile direkt an die Wohngebiete der Weißen, getrennt nur durch eine Autobahn, eine Bahnlinie oder eine andere natürliche Barriere.
Wie sah es dort aus ?
Meistens wurden von den Städten einfache Häuschen errichten, welche aus Schlafzimmer, Wohnzimmer mit Küche und kleinen Bad bestanden. Dort mussten dann 10 Leute in 3 – 4 Räumen wohnen. Die Siedlungen waren außerhalb der alten Stadtgrenzen errichtet. Um zur Arbeit zu gelangen, mussten die Anwohner jeden Tag mehrere Stunden pendeln. Die Infrastruktur wurde total vernachlässigt. Es gab kaum Krankenhäuser, nur wenige Schulen.
Anwachsen der Townships nach dem Apartheidende
Mit dem Ende der Apartheid verschärften sich jedoch die Probleme. Hunderttausende Bewohner aus den ehemaligen Homelands,
aber auch Flüchtlinge aus Nachbarländern kamen auf der Suche nach Arbeit in die Städte, auch nach Kapstadt. Die Townships einschl. der „informal settlements“ wucherten regelrecht. Schätzungen über die Anzahl der Bewohner sind schwierig, doch die Zahlen bewegen sich zwischen 2,5 und 3,5 Millionen in Kapstadt. Südafrika gibt Milliarden an Euro pro Jahr aus, um die Lebensbedingungen in den Townships zu verbessern, doch die Fortschritte sind nicht schnell genug. Es ist eine Kombination aus mangelnden Ressourcen, Inkompentenz, Korruption und dem stetigen Zuzug von noch mehr Leuten, welche die Fortschritte nicht bei allen Bewohnern spürbar machen. Die Geduld der Anwohner wird auf eine harte Probe gestellt, da die ANC – Regierung bei Regierungsantritt versprochen hat, die Lebenssituation aller Armen zu verbessern. Im medizinischen und schulischen Bereich sind große Fortschritte erkennbar, jedoch bei den Wohnbedingungen hat sich kaum etwas verbessert. Es gibt immer noch Bereiche ohne fließend Wasser und Strom.
Tickende Bombe Township
Die Ungeduld der Anwohner zeigt sich immer wieder in gewalttätigen Auseinandersetzungen. Negativhöhepunkt waren die Ausschreitungen gegenüber Ausländern im Jahre 2008, wo deren Hütten niedergebrannt wurden und mehrere Dutzende Flüchtlinge aus Schwarzafrika getötet wurden. Es wird geschätzt, dass in den Townships mehr als die Hälfte der Bevölkerung erwerbslos sind. Dies bedeutet keinerlei Verdienst, von staatlicher Seite gibt es keinen Cent Unterstützung. Die Leute flüchten aus dem grauen Alltag in Alkohol und Drogen. In Sheebens, kleinen Kneipen, wird der billige Alkohol verkauft. Tik ist in Kapstadt die weitverbreiteste Droge. In dieser Konstellation werden dann die Verbrechen verübt, für die Südafrika so berüchtigt ist in der ganzen Welt. Diese Gewalttaten beschränken sich in den meisten Fällen jedoch auf diese Gebiete.
Unterschiede in den Townships
Townships unterscheiden sich untereinander jedoch auch stark. Es gibt relativ wohlhabende Gebiete, welche Mittelstandssiedlungen mit normaler Infrastruktur sind. In den letzten Jahren wurden diverse Shoppingmalls dort errichtet. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Viertel mit bitterster Armut, die selbst tagsüber nicht betreten werden sollten.
Unter der Apartheidregierung wurden die südafrikanische Bevölkerung in Weiße, Schwarze, Coloureds und Inder unterteilt. Unter den verschieden Rassen gab es noch verschiedene Abstufungen. Jeder Gruppe wurden andere Townships zugewiesen. In Kapstadt sind dies vorrangig Townships für Schwarze und Coloureds.
Das älteste Township in Kapstadt ist das ab 1922 errichtete Langa, gefolgt von Nyanga und Gugulethu in den 1950 und 1960er Jahren. In den letzten Tagen der Apartheid wurde der Grundstein für die heute zweit- und drittgrößten Townships von Südafrika gelegt: Khayelitsha und Mitchell’s Plain.
Besuch eines Townships – Ja oder Nein ?
Für viele Touristen gehört eine Township Tour zum touristischen Programm. Dafür gibt es jedoch konträre Meinungen, ob dies mehr positiv oder negativ zu werten ist.
Mzoli’s – Braai-Party im Township Guguletu
Neben dem Besuch eines Townships gibt es für Touristen mit Mzolis eine weitere Möglichkeit, ein Bild vom Leben in den Townships zu erlangen. Lest dazu mehr im nachfolgenden Artikel.