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Dürre & Wassermangel: Jetzt noch nach Kapstadt reisen?

Kapstadt kämpft mit der schlimmsten Dürre seit mehr als 100 Jahren. In den letzten drei Jahren hat es in Südafrika aufgrund des Klimawandels und des Wetterphänomens El Niño weit unter dem langjährigen Durchschnitt geregnet. Besonders betroffen von dem Wassermangel ist die Region um Kapstadt. Die Lage ist so ernst, dass der „Mother City“ als erste Metropole der Welt bereits im April 2018 das Wasser ausgehen könnte.

Sobald die Pegel der wasserversorgenden Dämme unter die Marke von 13,5% fallen, ist die Stadtverwaltung gezwungen, die Wasserversorgung zu kappen. Dann bleiben die Wasseranschlüsse trocken und die knapp 4 Millionen Einwohner Kapstadts müssten sich ihre tägliche Wasserration von 25 Litern pro Person unter Aufsicht der Polizei und Armee an einer der etwa 200 Ausgabestellen abholen.

Nur noch 50 Liter Wasser pro Tag erlaubt

Trotz der zahlreichen Appelle an die Bevölkerung ist es bisher nicht gelungen, den täglichen Wasserverbrauch in der zweitgrößten Stadt Südafrikas auf unter 450 Millionen Liter pro Tag zu drücken. Doch nur wenn diese kritische Marke erreicht wird, kann der „Day Zero“, also das Abschalten der Trinkwasserversorgung, verhindert werden. Aktuell werden täglich noch etwa 100 Millionen Liter mehr verbraucht. Laut jüngsten Berichten halten sich etwa 60 % der Bevölkerung nicht an die strengen Wasserrestriktionen. Seit dem ersten Februar gelten deshalb verschärfte Regeln. Jeder Bewohner Kapstadts ist angehalten, maximal 50 Liter Frischwasser am Tag zu verbrauchen. Zuvor waren es noch 87 Liter. Im Vergleich: In Deutschland nutzt jeder Bürger täglich etwa 120-140 Liter Wasser. Schon seit Monaten gelten scharfe Regeln. So dürfen Pools nicht mehr aufgefüllt, Autos nicht gewaschen und Gärten nicht bewässert werden. Duschen sollten auf maximal 90 Sekunden begrenzt werden und Toiletten sollen nur nach dem großen Geschäft gespült werden und dann auch am besten nur mit Brauchwasser (z.B. mit aufgefangenem Wasser aus der Dusche oder Waschmaschine).

Wasserrestriktionen in Kapstadt
Maximal 50 Liter Wasser pro Tag und Person

Wer gegen die neuen Regeln verstößt und mehr Wasser verbraucht, zahlt empfindliche Strafzuschläge, die teilweise 700% über den bisherigen Wasserpreisen liegen. Zudem werden bei notorischen Wasserverschwendern Geräte installiert, die die Versorgung ab einem bestimmtne Verbrauch unterbrechen. Die Stadt hofft durch diese abschreckende Maßnahme und dramatische Appelle den „Tag Null“ möglicherweise doch noch zu verhindern oder zumindest nach hinten zu schieben, denn im Mai beginnt die winterfeuchte Niederschlagssaison und die Pegel dürften sich zumindest etwas erholen. Da jedoch niemand weiß, wann und wie viel es wirklich regnen wird, rechnen viele mit dem Schlimmsten. So betont die Bürgermeisterin, dass der Day Zero aufgrund der dramatischen Situation mittlerweile sehr wahrscheinlich sei. Zwar werden aktuell unter Hochdruck Entsalzungsanlagen gebaut, mit denen aus Meerwasser Trinkwasser gewonnen werden kann, doch hat die Politik die kritische Lage leider zu lange verkannt und die Projekte zu spät vorangetrieben, so dass das gewonnene Wasser aus Entsalzungsanlagen und Grundwasserbohrungen längst nicht ausreichen wird, um den Bedarf der Millionen-Metropole zu decken.

Das schnelle Bevölkerungswachstum, die anhaltende Dürre, Fehlplanungen und Tatenlosigkeit der Politik, die viel zu spät auf die sich verändernden Bedingungen reagierten, sowie der Unwille eines Teils der Bevölkerung sich an die Wasserrestriktionen zu halten werden mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Kapstadt schon bald auf dem Trockenen sitzt. Der Metropole stehen schwere Zeiten bevor. Die amtierende Premierministerin der Provinz Westkap, Helen Zille, spricht sogar von der größten Herausforderung, die eine Stadt seit dem zweiten Weltkrieg oder dem 11. September entgegentreten musste.

Wemmershoek Damm
Auch der Wasserstand im Wemmershoek Stausee ist kritisch

Was bedeutet das für den Tourismus? Kann ich jetzt noch nach Kapstadt reisen?

Für den Touristen stellt sich natürlich die Frage, ob man in der aktuellen Lage überhaupt noch nach Kapstadt reisen sollte. Viele denken sogar über eine Stornierung ihrer bereits gebuchten Reise nach. Den Reisenden stellen sich fragen wie: Wird es genug Wasser geben? Will ich mir die durch die strengen Restriktionen auftretenden Unannehmlichkeiten wirklich antun? Ist es ethisch verantwortlich, in eine von der Dürre gebeutelten Stadt zu reisen, der bald schon das Wasser ausgehen könnte? Was kann man tun, um seinen Teil dazu beizutragen, möglichst wenig Frischwasser zu verbrauchen? Was ist, wenn Day Zero kommt? Wie lange wird kein Wasser fließen? Wie sieht es mit der Hygiene und Krankheiten aus? Wird es Unruhen und Proteste geben?

Auf viele Fragen gibt es keine klaren Antworten. Niemand kann sagen, was passieren wird, wenn Day Zero kommt. Zwar arbeitet die Stadt mit Hochdruck an einem Katastrophenplan, um die Wasserversorgung über 200 Verteilpunkte zu managen, genaue Details wurden jedoch noch nicht veröffentlicht. Das Wasser könnte wenige Tage oder bis zu vier Monate abgeschaltet bleiben, abhängig davon, ob, wann und wo der Winterregen einsetzt. In der Innenstadt (CBD) und in den Townships soll die Wasserversorung aus wirtschaftlichen und hygienischen und humanitären Gründen aufrecht erhalten bleiben.

Trotz der düsteren Prognosen ist unter den Bewohnern Kapstadt eine gewisse Zuversicht auszumachen, dass die Dürrekrise gemeinsam überstanden werden kann. Der Spruch «’n Boer maak ’n plan’» („Der Bure schmiedet einen Plan“) steht für die Mentalität der Südafrikaner, dass das Leben auch in schwierigen Situationen weitergeht und Lösungen gefunden werden. Die Menschen rücken in schweren Zeiten näher zusammen, es entwickelt sich ein Gemeinschaftsgefühl, man hilft sich gegenseitig und Bewohner aus von der Dürre nicht betroffenen Gebieten Südafrikas bieten bereits ihre Unterstützung an und schicken Wasser nach Kapstadt.

'n Boer maak 'n plan'
’n Boer maak ’n plan‘

Wer vor Mitte April („also vor dem möglichen Day Zero“) eine Reise geplant hat, kann getrost anreisen. Zwar wird es Einschränkungen geben, jedoch halten sich diese in Grenzen. Man kann die Stadt mit seiner unglaublichen Landschaft, den Bergen, dem Meer, den netten Menschen, dem guten Essen und Wein weiterhin in vollen Zügen genießen. In Zeiten, in denen davon berichtet wird, dass sich die Sonne in einigen Regionen Deutschlands im Dezember oder Januar gerade einmal 10 Stunden hat blicken lassen, erscheint eine Reise nach Kapstadt erst recht verlockend. Die 10 Stunden Sonnenschein kriegt man hier an einem Tag ;)

Touristen weiterhin willkommen!

Die Stadtverwaltung und führende Lokalpolitker ermutigen Touristen weiterhin nach Kapstadt zu kommen. Die Dürre hat nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf den Tourismus folgenschwere Auswirkungen. Schon jetzt klagen viele Gasthausbesitzer über Stornierungen und Buchungseinbrüche. In einigen Reise- und Touranbieter bricht regelrechte Panik aus. Der Tourismus spielt für Kapstadt eine überhaus wichtige Rolle. An dem Wirtschaftszweig hängen abertausende von Jobs, im Western Cape sind es ca. 300 000 Arbeitsstellen. Kapstadt und die Region ist auf die Touristen angewiesen und heißt sie deshalb auch während der Dürrekrise willkommen. In der Hauptreisezeit zwischen November und Januar machen internationale Besucher gerade mal 1% der Bevölkerung des Westkaps aus. Zwischen April und September, wenn in Südafrika Winter herrscht, sinkt die Zahl der Besucher. Wenn sich die Touristen an die Vorgaben der Stadtverwaltung halten und lediglich 50 Liter am Tag verbrauchen, sind die Auswirkungen des Tourismus auf die Wasservorräte Kapstadts nahezu vernachlässigbar. Die Stadt regt an, den Aufenthalt in Kapstadt zu limitieren und im weiteren Verlauf der Reise andere Teile des Westkaps oder Südafrikas zu besuchen. Zwar ist ein großer Teil des Westkaps von der Dürre betroffen, jedoch gelten in vielen Teilen der Provinz weniger strenge Restriktionen. Die Auswirkungen der Wasserknappheit sind vor allem in Kapstadt zu spüren, in Teilen der Weingebiete, in Overberg und auf der Garden Route ist die Situation entspannter. Im Osten und Norden Südafrikas herrscht aktuell kein akuter Wassermangel. Ein Besuch des Krügerparks und der Nationalparks in KwaZulu-Natal ist eine gute Alternative während der Dürrekrise in Kapstadt.

Wasserrestriktionen im Westkap
Wasserrestriktionen im Westkap

Wasserrestriktionen gelten auch für Besucher

Wer in den nächsten Wochen und Monaten in Kapstadt verweilt, sollte sich bewusst sein, dass es auch für die Touristen Einschränkungen gibt, auch wenn diese zu verschmerzen sein sollten. Von jedem Menschen in Kapstadt wird erwartet, dass er sich an die Begrenzungen von 50 Litern am Tag hält, ob nun Bewohner oder Besucher. Die 50 Liter beziehen sich dabei nicht nur auf den Verbrauch in den eigenen vier Wänden oder in der Unterkunft, sondern auf den täglichen Gesamtverbrauch, egal, wo man sich befindet (Arbeit, Restaurants, Fitnesscenter, öffentliche Toiletten, …).

Im Folgenden findet ihr eine Liste, was man als Tourist tun kann, um seinen Teil beizutragen, dass kein Wasser verschwendet wird:

  • Kein Bad nehmen. Die meisten Hotels und Gästehäuser haben bereits die Stöpsel aus den Badewannen entfernt und halten ihre Gäste zum Duschen an.
  • Kurz duschen, möglichst weniger als 2 Minuten. Das Wasser während dem Einseifen ausstellen.
  • Handtücher und Bettwäsche nicht täglich wechseln lassen.
  • Anstatt sich die Hände zu waschen, Handsanitizer oder Feuchttücher nutzen, die teilweise kostenlos in den Unterkünften zur Verfügung gestellt werden.
  • Wasserhahn während dem Zähneputzen oder Rasieren nicht laufen lassen.
  • Manche Unterkünfte stellen Eimer zur Verfügung, um gebrauchtes Duschwasser für die Toilettenspülung zu nutzen.
  • Toilettenspülung nur tätigen, wenn unbedingt nötig. Pro Spülgang werden 6 bis 14 Liter verbraucht.
  • Vor Abgabe des Mietwagens abklären lassen, ob das Auto sauber zurückgebracht werden muss. (In diesen Zeiten ist ein dreckiges Auto ein Statussymbol). Falls dies der Fall ist, nur Waschanlagen nutzen, die ohne städtisches Frischwasser auskommen.
  • Kleidung nur waschen, wenn unbedingt nötig und die Waschmaschine voll geladen werden kann.
  • Geschirr möglichst im vollen Geschirrspüler säubern lassen (verbraucht weniger Wasser als Handwäsche)
Save Like A Local
Save Like A Local

Hotels und Gästehäuser gut vorbereitet

Einige Hotels, Gästehäuser und Privatunterkünfte haben eine von der Stadt unabhängige Wasserversorgung durch Wassertanks, Bohrlöcher oder sogar Entsalzungsanlagen, somit wird kein städtisches Frischwasser verbraucht. In diesem Fall wird der Verbrauch in der Unterkunft nicht mit dem 50 Liter Kontigent verrechnet. Innerhalb des Hotels gelten die strengen Wasserrestriktionen dann nicht, solange die Unterkünfte über genug eigenes Wasser verfügen. Ob die Unterkunft über eine unabhängige Wasseranbindung verfügt kann man vor Anreise erfragen.

Zudem wurden Hotels und Gästehäuser dazu angehalten Vorkehrungen zum Wassersparen zu implementieren. So werden etwa Duschköpfe mit geringem Wasserfluss oder Timern installiert, die die Wasserzufuhr automatisch nach 90 bis 120 Sekunden kappen. Auch Wasserhähne werden mit speziellen Filtern und Durchflussbegrenzern ausgestattet, die den Wasserdruck und -verbrauch reduzieren. Toiletten-Spülkästen werden durch kleinere Modelle ausgetauscht. Die tägliche Waschmenge (Handtücher, Bettwäsche, Servietten) wird durch entsprechende Maßnahmen reduziert. Es werden Papierservietten und Hand-Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. Gärten werden nur noch mit Regen-, Quell- oder Brauchwasser gewässert.

Wer Wert auf einen Pool legt, sollte vor Buchung anfragen, ob dieser weiterhin nutzbar ist. Die meisten Swimming Pools sind weiterhin gefüllt (wenn auch nicht mehr ganz so hoch), jedoch werden diese bei Nichtnutzung meist mit Planen zugedeckt, um der Verdunstung des kostbaren Nass entgegenzuwirken. Andere Hotels sind mittlerweile auf die Verwendung von Salzwasser für ihre Pools umgestiegen. Wer über AirBnB bei Privatpersonen gebucht hat, sollte individuell nachfragen, welche Maßnahmen getroffen wurden und wie sich die Wasserknappheit auf den Aufenthalt auswirken wird.

Was wenn Day Zero kommt und die Wasserzufuhr gekappt wird?

Zunächst sollte noch mal erwähnt werden, dass Day Zero immer noch vermieden werden kann, wenn sich alle Beteiligten an die Vorgaben halten und maximal 50 Liter Wasser am Tag verbrauchen. Sollte das Ziel der Wassereinsparungen jedoch verfehlt werden, könnten ab Mitte April die Wasserhähne trocken bleiben. Dann müssen die Bewohner Kapstadts sich ihr Wasser an Abgabestationen besorgen (25 Liter pro Tag und Person). Wie lange die Situation aufrecht erhalten bleiben wird, wird davon abhängig sein, wann der Winterregen einsetzt (gewöhnlicherweise zwischen April und Juni). Im schlimmsten Fall könnte das Wasser bis zu vier Monate abgeschaltet bleiben, im besten Fall nur wenige Tage, sollte es ausgiebig regnen und sich die Wasserpegel der Dämme schneller erholen als erwartet. Doch was bedeutet Day Zero für Touristen?

  • Wer auch nach Day Zero in Kapstadt verweilen will, sollte sich ein Hotel mit eigenständiger Wasserversorgung oder ein Hotel in der Innenstadt/Waterfront suchen. Dort wird die Wasserversorgung aufrecht erhalten. Um sicherzugehen, vor Buchung nachfragen!
  • Gästehäuser werden sicherstellen, dass genug Wasser für die tägliche Körperhygiene zur Verfügung steht.
  • Wer über AirBnB in Privatunterkünften bucht, sollte vorher mit dem Gastgeber abklären, ob entsprechende Vorkehrungen getroffen werden oder ob man selbst für Wasser an den Versorgungsstationen anstehen muss. In der Regel sollte jedoch der Eigentümer dafür sorgen, dass jeder Gast über 25 Liter täglich verfügt.
  • Die Wasserversorung in Krankenhäusern, Feuerwehr- und Polizeistationen und in anderen essentiellen Einrichtungen bleibt gewährleistet.
  • Attraktionen wie Tafelberg, Kirstenbosch Botanischer Garten, Waterfront, Strände, Kap der Guten Hoffnung und andere Sehenswürdigkeiten bleiben geöffnet und können weiterhin besichtigt werden.
  • Events finden weiterhin statt. Das Wasser wird in diesem Fall aus nicht von den Wasserrestriktonen betroffenen Gebieten nach Kapstadt gebracht. Restaurants und Bars bleiben geöffnet, teilweise wurden und werden alternative Wasserversorgungssysteme installiert (Wassertanks, Bohrlöcher, …). Es kann jedoch vereinzelt zu Einschränkungen im Betrieb kommen (Pappbecher anstatt Gläser, Papierservietten anstatt Stoffservieten, keine Tischdecken, kein Servieren von Leitungswasser, …).

Update 13.05.2018: Das Datum für Day Zero wurde auf den 6. Juni nach hinten verschoben. Grund sind eine großzügige Wasser-Spende von Farmern aus dem Norden des Landes (11 Milliarden Liter) und die Wassersparbemühungen der Kapstädter Bevölkerung. Mittlerweile beschreiben Verantwortliche das Eintreten von Day Zero als eher „unwahrscheinlich“, da ab April das Einsetzen der ersten Winterregenfälle erwartet wird und bis Juni die ersten Meerwasserentsalzungsanlagen Trinkwasser produzieren sollen. Zusätzlich sollen große Tankschiffe Kapstadt mit Frischwasser versorgen, um Day Zero zu verhindern.

Weitere Informationen zur Dürrekrise:

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